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Im Hauch der Welt. Zum Malereizyklus »soplo« von Matta Wagnest

Walter Seidl

 

In ihrem malerischen Oeuvre nimmt Matta Wagnest Bezug auf eine Welt der Vorstellungen, in der die Frage nach dem irdischen Dasein und der interpersonellen Kommunikation von Individuen ins Zentrum der Diskussion gerückt wird. Mit den Farben schwarz und lila, das stark an die Druckfarbe Magenta erinnert, ergründet Wagnest anhand der in einer medialen Landschaft verwendeten Primärfarben die Primärfragen menschlicher Existenz. Der sehr reduzierte Einsatz von Farbe, dem die Spontaneität tachistischer Farbgebungen innewohnt, versucht in seiner Minimalität die Aussagekraft des Dargestellten zu erhöhen und in der Schwungkraft der Bewegungen die Frage nach dem Dasein im Blickfeld der BetrachterInnen zu aktivieren. Die dadurch entstehenden Kraftlinien bringen jene überwältigenden Momente des Lebens ins Spiel, die in ihrer Omnipräsenz zwar greifbar und spürbar, in ihrer Funktion jedoch stets unergründbar bleiben.

Für Wagnest stützt sich die Frage nach Ursprung und Bedeutung menschlicher Handlungen jedoch nicht so sehr auf existenzialistische Prämissen, die Angst, Tod, Verantwortung und Handeln als elementar menschliche Erfahrungen verhandeln, sondern auf jene uns täglich umgebenden unsichtbaren Kräfte, deren Visualisierung die Künstlerin in ihrer Malerei vorantreibt. Die Titel der einzelnen Bilder mögen zwar konkrete Existenzformen bezeichnen, wie etwa Flamingo, Tukan oder Tulip, bleiben in ihrer interpretativen Komponente jedoch der Abstraktion treu, und symbolisieren dadurch unterschiedliche expressive Darstellungsmodi. Der Blick auf diese unsere Welt erfüllt sich durch die Augen als zentrales Sinnesorgan, denen Wagnest mit dem spanischen Titel ojos Referenz erweist. Den Bogen oder arco spannt die Künstlerin in einer Balance zwischen Denotierung der einzelnen Bilder und gleichzeitiger Anonymisierung bzw. Universalisierung in der Verwendung von nur zwei Farben. Wagnest schafft sich dadurch einen künstlerischen Freiraum, der es ihr ermöglicht, die Nuancen bzw. Bewegungsverläufe unterschiedlicher  Daseinsformen auszuloten.

Mit ihren Bildern verweist die Künstlerin auf den Ursprung allen Lebens und damit auf jenen Schöpfungszyklus, der als Grundlage für die menschliche Existenzialismusdebatte dient, die die Bedingungen ihrer Genese mit Fragen des »woher«, »warum«, bzw. »wohin« verbindet. Die Freiheit der Wahlmöglichkeiten, die der schöpferischen Gestaltung zugrunde liegt, wird durch zivilisatorische Errungenschaften ökonomisch und politisch eingeschränkt, wodurch es gilt, Freiheit immer wieder neu zu entdecken und zu deuten. Fragen nach dem Irdischen und dem Überirdischen beantwortet Wagnest mit der Verwendung der zwei Farben Magenta und Schwarz. Magenta verweist hier auf jene überirdische Position, die den Bildern jene Gefühls- und Sensualitätsebene verleiht, die es durch die BetrachterInnen zu ergründen gilt. Schwarz dient hier als elementare Grundlage, die im Spannungsverhältnis zu Magenta steht und den Bildern eine dynamische Gestik verleiht. Jene zweifarbene Wirklichkeitsebene nimmt immer wieder Korrekturen in der Navigation vor, indem es einmal Magenta und einmal Schwarz ist, das die dominante Bildebene bestimmt und somit die Bedeutung der einzelnen Dimensionen in Balance hält. Das kommunikative Potential von Wagnests Bildern eröffnet sich den BetrachterInnen folglich in der Suggestion von Räumen der Freiheit, in die ein dynamischer Hauch ephemerer Lebenskraft eindringt.